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  • Der würdige Rivale

    Wir haben zusammen das Thema Wettbewerb bereits in anderen öffentlichen Artikeln aus den unter­schiedlichsten Perspektiven "angekratzt". Diesmal steht nun das Konkurrenz­denken an sich im Fokus. Als Hilfsmittel dieses Gedanken-Modells benutzen wir im Folgenden die Begriffe Konkurrent und Rivale, um die verschiedenen Sichtweisen voneinander abzu­grenzen.

    Eine kleine Geschichte

    Beginnen wir dazu zunächst mit einer kleinen, wahren Geschichte, die wir im Anschluss analysieren werden. Unsere Protagonisten sind Simon und sein "Mitbewerber", der hier kurz und anonym als "ER" bezeichnet werden soll:

    Simon's Geschichte Wann auch immer er SEINEN Namen hörte, fühlte sich das für Simon sehr unbehaglich an. Hörte er, wie jemand ein "Lob­lied" über IHN sang, überkam ihn eine Welle des Neids. Simon weiß, ER ist eine gute und nette Person, dessen Arbeit er sehr respektiert. Sie waren auch immer nett zueinander, wenn sie sich im professionellen Rahmen getroffen haben.

    Beide haben (in sehr vielen Aspekten) sehr ähnliche Tätig­keiten und - obwohl es noch viele andere Kollegen in diesem Tätigkeitsbereich gibt - war Simon nur von IHM nahezu besessen. Simon wollte IHN übertreffen. Er überprüfte regelmäßig die Ranglisten SEINER Veröffentlichungen und verglich sie mit den Eigenen – nicht mit denen anderer Kollegen, nur mit SEINEN. Waren die eigenen Veröffentlichungen höher gelistet als SEINE, überkam Simon ein schon fast schaden­frohes Grinsen. Waren SEINE dagegen höher gelistet, fühlte sich Simon davon genervt. Kurzum: ER war Simons Haupt­konkurrent ⇒ Simon wollte gewinnen und IHN übertreffen.

    Dann geschah folgendes: Beide wurden zum gleichen Event eingeladen, um einen Vortrag zu halten. Das war in der Ver­gangen­heit schon häufiger der Fall gewesen, nur diesmal sollten sie sich erstmalig ihre Bühnenzeit teilen. Dem Host kam die spontane Idee: es wäre doch "spaßig", wenn sich die beiden gegenseitig vorstellen würden. Simon war erster – er sah erst IHN an, dann das Publikum. Als sich sein Blick wieder zurück auf IHN richtete, begann Simon: "Du machst mich sehr unsicher, weil all Deine Stärken, alle meine Schwächen sind. Du kannst all die Dinge so gut, die mir wirklich schwerfallen." Das Publikum lachte. ER sah Simon an und antwortete: "Das ist ja witzig. Mir geht es mit Dir genau gleich." ER fuhr damit fort, einige seiner Schwächen zu nennen, die er gerne verbessern würde...

    In diesem Moment wurde Simon klar, warum er sich so kon­kur­rierend gefühlt und verhalten hatte: Die Art, wie Simon IHN sah, hatte nichts mit IHM zu tun, sondern mit Simon selbst. Jedes Mal, wenn SEIN Name aufkam, erinnerte es Simon an all die Aspekte, mit denen er zu kämpfen hatte. Warum aber ärgerte sich Simon über den Erfolg seines Mitbewerbers? Hierzu fällt mir folgendes Zitat ein: "Wir bekommen 100% unserer eigenen negativen Eigenschaften mit, aber nur 50% der negativen Eigenschaften anderer. Deswegen denken wir, wir sind doppelt so schlecht wie die Anderen. In Wahrheit ist es aber nur ein simpler Rechenfehler!" [Dr. Eckhart von Hirschhausen].

    Statt an sich selbst zu arbeiten, seine Schwächen zu überwinden und auf seinen eigenen Stärken aufzubauen, war es leichter sich darauf zu fokussieren, IHN zu schlagen. So funktioniert doch schließlich Konkurrenz, richtig? Es geht um's Gewinnen. Das Problem war: alle Messgrößen waren willkürlich. Simon setzte die Standards des Vergleichs selbst fest UND es gab keine Ziellinie. Simon hat sich also selbst in ein Rennen begeben, dass nicht gewonnen werden kann ⇒ ein klassischer Fehler eines begrenzten Mindsets.

    Ein wirklich würdiger Rivale

    Die Wahrheit ist: Obwohl beide vergleichbare Dinge tun, sind sie keine Konkurrenten, lediglich Rivalen – genauer gesagt, in diesem Fall sogar würdige Rivalen. Wir sind die Haltung: "Ich gegen den Rest der Welt" oder "Ich habe recht, Du hast unrecht", oft derart gewohnt, dass wir sie sogar in Situationen anwenden, in denen sie keinen Platz haben. In einem sogenannten unbegrenzten "Spiel" dürfen wir andere "Spieler" nicht als Konkurrenten ansehen, sondern als würdige Rivalen, die sich gegenseitig dabei helfen, bessere Spieler zu werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der andere "Spieler" mit einem begrenzten oder unbegrenzten Mindset spielt, solange wir selbst mit einem unbegrenzten Mindset spielen.

    Egal was es auch ist, ein würdiger Rivale macht zumindest etwas, manchmal auch vieles besser als wir es tun ⇒ und genau davon können wir lernen. Dazu müssen wir nicht alles bewundern was mit IHM zu tun hat, oder mit allem einverstanden sein was ER tut. Wir müssen IHN nicht mal mögen. Wir müssen lediglich akzeptieren, dass ER Stärken und Fähigkeiten hat, von denen wir etwas lernen können.

    Dazu wählen wir unsere eigenen würdigen Rivalen aus. Natürlich wäre es weise, diese strategisch auszuwählen. Rivalen, die Du konstant übertriffst, fordern Dich nicht. Rivalen, denen Du i.d.R. bei weitem nicht das Wasser reichen kannst, sind vermutlich langfristig aber auch keine gute Wahl. Es geht darum, dass sie uns möglichst konstant antreiben, ohne uns dabei zu demotivieren. Würdige Rivalen schieben uns in eine Richtung die uns weiter bringt, so wie es kaum jemand anderes kann, nicht mal ein Lehrer oder Coach. Diese kleine, subtile Änderung der Sichtweise kann einen großen Unterschied machen, ob wir erfolgreich sind/werden oder nicht. Gleichzeitig entfernt sie auch den Druck "um jeden Preis gewinnen" zu müssen. Emotionale Reaktionen (ähnlich wie in Simon's Geschichte) sind ein gutes Anzeichen, dass eben dieser Rivale würdig sein könnte... Aber auch Dein eigener Lerntyp & Persönlichkeitstyp hat Einfluss auf die Wahl Deines würdigen Rivalen.

    Rivale verlieren ≠ Spiel gewinnen

    Es ist wichtig, Folgendes nicht zu verwechseln: Einen würdigen Rivalen zu verlieren ist NICHT gleichbedeutend damit, das "Spiel" zu verlieren! Wie Du im Artikel über das unbegrenzte Spiel lernst, gibt es in so einem "Spiel" kein Gewinnen... Zum einen bringt es Dir nichts, einen würdigen Rivalen zu verlieren - im Gegenteil, Du verlierst dadurch eine wichtige Wachstums-Möglichkeit. Zum anderen wirst Du dadurch auch ziemlich sicher keinen wirklichen Wettbewerbsvorteil haben, da dann meist andere Mit­bewerber an deren Stelle gelangen. Nur ist es dann nicht garantiert, dass diese neuen Mit­bewerber ebenso "würdige" Rivalen sind oder werden können.

    Ohne einen würdigen Rivalen, beginnen die "starken Spieler" oft zu glauben, sie können die Richtung beeinflussen, in die sich das "Spiel" oder die anderen "Spieler" ent­wickeln ⇒ das ist aber unmöglich. Gesunder Wettbewerb verhält sich eher wie die Börse: Unternehmen steigen ein, schwanken im Kurs, und steigen evtl. auch wieder aus - aber kein Unternehmen kann den Markt wirklich kontrollieren. "Starke Spieler" mit vielen Ressourcen können vielleicht eine Weile damit durchkommen die Entwicklung des "Spiels" zu ignorieren, aber nicht für immer.

    Fazit: Sei Teil der Lösung

    Es bedarf einiges an Mut, sich dem Drang entgegenzusetzen, sich mit Konkurrenten zu ver­gleichen (oder auch "nur" der Menge zu folgen, ohne es besser machen zu wollen): ein unbegrenztes Mindset. Es ist in diesem Kontext u.U. unangenehm, ja sogar erniedrigend, Teil des Problems zu sein. ABER genauso ist es gleichzeitig auch ermächtigend und inspirierend, Teil der Lösung zu sein! Beginne also die Mitbewerber als würdige Rivalen zu sehen und zu behandeln.

    Kennst Du die Geschichte der zwei Camper im kanadischen Wald, die einem schlecht gelaunten Grizzly-Bär begegnen? Der eine Camper verzweifelt, der Andere schnürt sich die Turnschuhe. "Du kannst nicht schneller sein als der Bär" schluchzt der Erste, darauf sein Mitcamper: "Ich muss nur schneller sein als Du..."

    Die Sichtweise der würdigen Rivalen hat meiner Erfahrung nach auch sehr viele Vorteile in der Piping-Welt, insbesondere in der Competition-Szene. Konkurrenz­denken kann dort zwar prinzipiell eine gute Motivation sein, jedoch sollte man immer darauf achten, dass sich daraus KEINE toxischen Ziele entwickeln. Dabei hilft es sehr, seine Mitbewerber als würdige Rivalen zu betrachten, zu behandeln und vor allem als solche zu schätzen.

    Autor: Robert Reibl [inspiriert von Simon Sinek]

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