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  • HAUPTMENÜ:

  • Übungsprozess & Selbst-Kritik

    Cheatcode

    Schon mein ganzes Leben lang fasziniert mich die Lern- & Übungs-Methodik ⇒ sie ist quasi wie ein Cheat-Code beim Lernen. Damit kannst auch Du den sog. Compound Effect nutzen, eine Art "Zinseszins", bezogen auf Wissen & Fähigkeiten.

    In diesem Artikel möchte ich Dir Anreize geben, wie Du deinen Übungsprozess optimieren kannst. Außerdem lernst Du, warum konstruktive Selbst-Kritik absolut entscheidend dafür ist.

    Komponenten des Übungsprozesses

    An anderer Stelle haben wir uns bereits mit unterschiedlichen Lerntypen identifiziert, wo der Schüler in Sachen Orientierung steht. Damit haben wir schon mal eine Idee mit welchen Motivatoren wir den Schüler bevorzugt "triggern" wollen. Nun ist es an der Reihe, den idealen Übungsprozess anzugehen. Für mich hat ein effektiver Übungsprozess die folgenden fünf, aufeinander aufbauenden Komponenten:

    Setup ⇒ Vorbereitung ⇒ Aufwärmen ⇒ Wiederholung ⇒ Fortschritt

    Die ersten vier Phasen sind mindestens genauso wichtig wie Phase 5, auch wenn Performance-orientierte Schüler das vielleicht anders sehen... Sie können die finale, fünfte Phase kaum abwarten. Die ersten vier Phasen sind aber dafür entscheidend, wie gut Phase 5 funktioniert. Die Meisterschafts-orientierten Spieler sind sich dessen bewusst, bzw. halten sich unbewusst daran.

    1. Setup: Unterschätze das nicht! Darüber sollte man sich kümmern, BEVOR der Schüler auch nur eine einzelne Note gespielt hat. Hier geht es u.a. um einen ruhigen, störungsfreien "Übungsraum"⇒ kein TV, Computer, Smartphone, usw., also unbedingt alles vermeiden, was den Schüler ablenken kann. Ebenso müssen in dieser Stufe auch "technische" Voraussetzungen stimmen: angefangen bei einem gut gewarteten Instrument (Practice Chanter bzw. Bagpipes), bis hin zu Hilfsmitteln wie Metronom, Manometer, usw.
    2. Vorbereitung: Ohne Ablenkungen und mit einem gut gewarteten Instrument, ist der nächste logische Schritt die Vorbereitung des Schülers. Das kann bspw. auch das mentale Ausblenden eines schlechten Tags sein. Genauso wie die Frage: "Was kann ich im nächsten Schritt erreichen?". Ebenso die physische Vorbereitung, z.B. Stretching, körperliche Entspannung, vorher genug (aber nicht zu viel) zu Essen/Trinken, usw.
    3. Aufwärm-Phase: Nun ist es mit gutem Setup und Vorbereitung soweit, dass der Schüler an sein Instrument kommt. Viele wollen dabei direkt neue Tunes auf dem Practice Chanter oder gar den Pipes spielen. Dennoch würden sie signifikant von einer Aufwärm-Phase profitieren. Das können Spielübungen, aber auch einfache / bekannte Tunes oder mentales Wiederholen / Durcharbeiten von Grundlagen sein. Dabei geht es nicht darum "Unterrichtszeit zu füllen", sondern darum, ZUERST einen spezifischen Fokus auf Technik, Form und Haltung zu legen!
    4. Wiederholungs-Phase: Nun ist es an der Zeit, das aktuelle Material anzugehen. Allzu oft wollen Schüler diese Stufe fälschlicherweise überspringen, da sie denken die Übungszeit könnte effizienter verbracht werden, indem man direkt zu neuem Material übergeht. Davor wird das aktuelle Material aber erst wiederholt und überprüft. Diese Stufe konfrontiert den Schüler mit den spieltechnischen Herausforderungen des aktuell geübten Materials. Es geht hier in erster Linie um Konsistenz der Spieltechnik und eine Verbesserung im Vergleich zum letzten Mal ⇒ ein bisschen wie der Kontrollbesuch beim Zahnarzt... Die Wiederholungs-Phase hilft bzgl. Rhythmik, Selbst-Analyse und Sicherheit, um in der nächsten Stufe das neue Material effizienter anzugehen.
    5. Fortschritts-Phase: Jetzt geht's an das neue Material. Hier gehen wir u.a. mit dem Tune Building Prozess vor. Bevor der Schüler aber anfängt zu spielen, gehen wir das Material durch [Analyse] und betrachten neue Elemente (falls vorhanden) detaillierter. Danach wird der neue Tune nach einem bestimmten Schema zerlegt, die Bruchstücke einzeln geübt und anschließend wieder zusammengesetzt. Innerhalb der kleinen Bruchstücke fällt es viel leichter, Fehler und Unsauberkeiten zu adressieren, isolieren und zu beheben. Das sollte alles möglichst sofort passieren, um zu vermeiden, dass die Fehler und Unsauberkeiten zur Gewohnheit werden. Meistens ist es gar nicht eine technisch schwierige Stelle an sich, sondern der Übergang zu ihr. Das gilt sowohl für Melodie-Passagen als auch für Embellishments. "Verschluckt" der Schüler bspw. einen C-Doubling, sollte man sich auf das einleitende Element (die HighG-Gracenote) konzentrieren, nicht gezwungenermaßen auf den Doubling als solches...

    Selbst-Kritik

    Insbesondere in der Fortschritts-Phase sollte stets konstruktive Kritik ausgeübt werden. Mindestens genauso wichtig (wenn nicht sogar wichtiger!!!) ist konstruktive SELBST-Kritik beim eigenständigen Üben, da wohl jeder Piper viel mehr alleine übt als mit dem Lehrer / Mentor. Unser Erfolgs-Kurs: 10 Rules for Success, widmet nicht umsonst ein ganzes Kapitel dem Thema: Fehlerkultur & Selbst-Kritik. An dieser Stelle möchte ich Dir ein paar Anregungen und Methoden mit auf den Weg geben:

    a) Objektive Grundlagen: Es ist enorm hilfreich, die (Selbst-)Kritik stets nach objektiven Grundlagen aufzubauen. Im Kurs-Abschnitt zu unserem KPI-System bekommst Du eine Übersicht aller bagpipe-relevanten Grundlagen, sowie deren empfohlene Reihenfolge. Um die Kritik so objektiv wie möglich zu machen, ist es sehr wichtig klare Begriffe für die Grundlagen und Abweichungen zu benutzen! Die einzelnen Premium-Kurse widmen sich diesen Themen sehr detailliert. Mache Dir, darauf aufbauend, gerne eine Art Bewertungsbogen, mit dem Du deine eigenen Aufnahmen selbst bewerten kannst. Behalte auch immer die Intensität im Auge und reduziere bei Bedarf mindestens einen der drei Aspekte ⇒ Tempo / Grifftechnik-Komplexität (Embellishments) / Reed-Stärke

    b) Die 3x Regeln: Kommt es zu einem Fehler oder einer Unsauberkeit, setze Dir selbst folgende Challenge: spiele die betroffene, isolierte Passage mindestens dreimal HINTEREINANDER IN FOLGE KORREKT ⇒ Beim ersten Mal korrekt war es "Zufall", beim zweiten Mal in Folge korrekt war es "Glück". Ab der dritten korrekten Ausführung IN FOLGE, kann man so langsam von "Können" reden 😆. Tritt der Fehler / die Unsauberkeit beim zweiten oder dritten Mal wieder auf, BEGINNE VON VORNE zu zählen! Das kannst Du natürlich gerne auch noch weiter ausbauen: auf 5x, 10x, usw. Versuche jedes Mal Deinen eigenen Highscore zu knacken.
    Gleichzeitig solltest Du aber auch darauf achten, die falsche Passage nicht zu oft hintereinander FALSCH zu spielen... Auch hier würde ich nach "3x Falsch" diese konkrete Stelle überspringen und etwas später darauf zurückkommen ⇒ so schleift sich der Fehler nicht ein.

    Nerves

    c) Aufnehmen: Funktioniert das neue Material zufriedenstellend, d.h. ohne markante Fehler / Unsauberkeiten, kommt das wohl unvoreingenommenste Publikum überhaupt ins Spiel - das Aufnahmegerät. Heutzutage hat jedes Smartphone eine Aufnahmemöglichkeit, denke aber daran Ablenkungen zu vermeiden! Eventuell findest auch Du (wie übrigens der Großteil aller Menschen!) den Gedanken sich selbst aufzunehmen, nicht sooo prickelnd... eine Aufnahme hat aber viele markante Vorteile:

    1. Während Du spielst und Dich aufnimmst, bist Du (hoffentlich) 100%ig fokussiert. Das hilft sowohl bei der Vorbereitung, der Übung selbst und auch der Aufnahme an sich.
    2. Sie simuliert quasi eine Performance und zumindest teilweise den psychischen Druck, der damit einhergeht.
    3. Das kritische Zuhören wird verbessert und stärkt die Fähigkeit, Dich selbst gezielt verbessern zu können.
    4. Höre die gleiche Aufnahme beliebig oft an und konzentriere Dich jedes Mal auf einen anderen Aspekt. Mit der Zeit lernst Du, auf mehrere Aspekte gleichzeitig zu achten.
    5. Die Aufnahmen dienen als Referenz für Lehrer und Schüler als "Vorher-Nachher-Vergleich".

    Vor allem der letzte Punkt ist ein interessantes (und oft unterschätztes) Phänomen! Ähnlich wie wir i.d.R. kaum bemerken, wie unsere eigenen Kinder wachsen, bemerken wir meist unseren eigenen Fortschritt auch nicht im richtigen Maße. So wie wir aber durchaus bemerken, wie z.B. die Kinder von Bekannten wachsen, die wir nur alle paar Monate mal sehen, können wir Aufnahmen nutzen um uns nicht nur unseren eigenen Fortschritt und unsere Fehler bewusster zu machen. Wir nutzen nebenbei auch die Fremdwahrnehmung um damit unsere eigene Selbstwahrnehmung zu trainieren.

    Aufnahme-Strategie

    Damit Du möglichst viel von einer Aufnahme profitieren kannst, möchte ich Dir hier als Anregung meine persönliche Aufnahme-Strategie an die Hand geben. Natürlich musst Du diese nicht 1:1 übernehmen, probiere es aber bitte mal aus und validiere selbst, was für Dich sinnvoll ist:

    1. Nimm Dich regelmäßig auf: einmal pro Übungs-Session wäre anfangs optimal
    2. Vorbereitung: plane vorab, woran Du arbeiten und was Du aufnehmen willst
    3. Du kannst es vor der Aufnahme beliebig oft üben, erlaube Dir für die Aufnahme selbst aber NUR EINEN VERSUCH!

    Durch die Regel: nur 1 Versuch für die Aufnahme, bekommst Du eine akkurate Sicht auf Deine Fähigkeiten in diesem Moment UND simulierst so am besten den psychologischen Druck einer Live-Performance. Denke daran: es muss nicht perfekt sein - tatsächlich ist das ja sogar der Punkt. Du willst wissen, an welchen Schrauben Du noch drehen kannst ⇒ es reicht im Grunde erstmal einen Fehler zu erkennen und ihn zu beheben - mit etwas Zeit und Übung wirst Du besser darin mehr Fehler zu erkennen, zu beheben und sie so zu vermeiden. Du wirst mit dieser Methode zudem auch eher schlechte Gewohnheiten ablegen, wie bspw. bei einem Fehler aufzuhören - so baust Du mentale Resilienz und Ausdauer auf.

    Die Aufnahme solltest Du dann sicher speichern z.B. in der Cloud (Dropbox / Google Drive) oder auf YouTube hochladen (Video auf privat / nicht gelistet stellen, wenn es sonst keiner sehen soll). Achte auch darauf, dass Aufnahmegerät und Metronom unterschiedliche Geräte sein sollten. Außerdem solltest Du für Bagpipe-Aufnahmen das Input Level regulieren können, um Verzerrungen zu verhindern, da die meisten Geräte standardmäßig für Sprachaufnahmen kalibriert sind.

    Fazit: "Schärfe Deine Axt!"

    Axt schärfen

    Stelle Dir vor, Du bist ein Holzfäller und Dein Ziel ist, möglichst viele Bäume zu fällen. Als Werkzeug hast Du dazu eine Axt... Was macht wohl mehr Sinn: a) einfach in den Wald zu gehen und munter drauf los zu hacken? Oder b) davor erstmal Deine Axt zu schärfen? Eigentlich eine rhetorische Frage, ABER... sehr viele Menschen (vor allem die performance-orientierten Lerntypen) gehen "gleich in den Wald", um möglichst keine Zeit zu verlieren. Tatsächlich ist es aber so, dass sich die Zeit, in der Du die "Axt" anfangs schärfst, sehr schnell wieder bezahlt macht. Aber natürlich nur, wenn Du sie auch richtig "schärfst", tust Du dir danach sehr viel leichter und bist hinterher auch viel schneller.
    In unserem Kurs-System lernst Du, wie die "Axt" schnell & richtig "geschärft" wird - absolut grundlegend mit unseren 10 Rules for Success, oder themen-spezifischer mit den jeweiligen Premium-Kursen.

    Autor: Robert Reibl (12.03.2023)

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