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  • HAUPTMENÜ:

  • Simple VS Compound

    Bei Taktarten unterscheiden wir grundsätzlich drei verschiedene Kategorien oder Ausprägungen. Die zwei geläufigsten Ausprägungen sind: "einfache" Taktarten [im Englischen: Simple Meter] z.B. 2/4, 3/4 oder 4/4, und sogenannte "Verbund"- bzw. zusammengesetzte Taktarten [engl.: Compound Meter] z.B. 6/8, 9/8 oder 12/8.

    Die dritte Ausprägung der "asymmetrischen" bzw. ungeraden Taktarten [engl.: Odd Meter] ist eine Sonderform, welche die anderen beiden Kategorien quasi kombiniert. Beispiele hierfür wären 5/4, 7/16 oder 8/8. Auf diese Taktart-Ausprägung gehen wir an dieser Stelle aber nicht weiter ein, im Kurs Basic-Rhythm beschreiben wir die Grundlagen dazu, im weiterführenden Kurs Advanced Rhythm gehen wir detaillierter darauf ein. Für angehende Piper sind Odd Meter aber vernachlässigbar.

    Schauen wir uns die Unterschiede und Gemeinsamkeiten an, indem wir beispielhaft 3/4 und 9/8 vergleichen. Beide Taktarten haben pro Takt 3 Beats mit dem Betonungs-Schema "Strong-Weak-Weak". Soviel zu den Gemeinsamkeiten, kommen wir zu den Unterschieden: der erste (zunächst rein formale) Unterschied ist die Beat-Referenz-NoteViertel-Note im 3/4 und punktierte Viertel-Note im 9/8:

    Simple VS Compound

    Im Simple Meter [links] unterteilen wir einen Beat grundsätzlich in eine gerade Anzahl (typischerweise 2 oder 4 Unterteilungen) ⇒ wir zählen im 3/4 also: 1 & 2 & 3 &. Dabei teilen die "&" die Beats (1 2 3) genau mittig, also in je zwei gleiche Teile.

    Im Compound Meter [rechts] unterteilen wir die Beats dagegen in eine ungerade Anzahl (typischerweise 3 Unterteilungen) ⇒ das spiegelt sich auch in der Zählweise des 9/8 wieder: 1 & a 2 & a 3 & a. Hier teilen die "&" und "a" die zeitlichen abstände zwischen den Beats (den Zahlen) dabei in drei gleiche Teile.

    Die Beats sind (bei gleichem Spieltempo) übrigens in beiden Fällen zeitlich gleich platziert! Aus den unterschiedlichen Unterteilungen der Takte ergibt sich letztendlich aber ein anderes rhythmisches Feeling des Tunes. Im Kurs Basic-Rhythm & Sightreading gehen wir genau auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein.

    Taktarten und Liedarten

    Meistens ist es ziemlich eindeutig, in welcher Taktart-Kategorie man einen Tune schreiben sollte. Die Liedarten Hornpipes, Reels, Strathspeys und Jigs sind z.B. alles Tänze - aber mit jeweils komplett anderem, rhythmischen Feeling. Das spiegelt sich auch in ihren typischen Taktarten wieder:

    Schauen wir uns mal einen durchaus interessanten Fall an:

    Amazing Grace

    Insbesondere Amazing Grace wird oft in der 3/4 Taktart notiert. Das ist nicht zwangsläufig (komplett) falsch, aber auch nicht ganz richtig. Korrekter wären 9/8...

    Tomate

    Die "Eulen"-Persönlichkeiten unter euch denken jetzt wahrscheinlich: "Moment mal, richtig & falsch sind doch absolute Einordnungen" - Ja und Nein. Das wäre in etwa so, als würde man sagen, eine Tomate sei ein Gemüse. Es ist nicht komplett falsch, da die Tomate ein Fruchtgemüse, also ein "Mittelding" zwischen Obst und Gemüse ist. Komplett falsch wäre beispielsweise zu sagen, eine Tomate sei eine Fußgängerbrücke 😆 - so ähnlich ist es auch mit der Taktart von Amazing Grace...

    Weiter oben haben wir die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Taktart-Ausprägungen schon beleuchtet. Nochmal kurz zur Wiederholung:

    In beiden Ausprägungen gibt es drei Downbeats, also drei rhythmische Einheiten pro Takt. Der Unterschied liegt darin, welcher Notenwert eine rhythmische Einheit repräsentiert: Eine Viertel-Note im Simple Meter bzw. eine punktierte Viertel-Note im Compound Meter. Daraus entsteht jeweils ein anderes rhythmisches Feeling.

    Im "Sonderfall" Amazing Grace wird es interessant, wenn wir betrachten, wie diese rhythmischen Einheiten aufgeteilt werden. Hier ergibt sich ein wirklicher (rhythmischer) Unterschied nur bei zwei Stellen, die jeweils mehrfach auftauchen. Im Rest des Tunes macht die Taktart hingegen rhythmisch keinen Unterschied.

    Notation - Amazing Grace

    Schauen wir uns nun mal die unterschiedlichen Notationen in 3/4 und 9/8 an - da wir uns hier rein auf den Rhythmus konzentrieren, ohne Embellishments und nur mit den notwendigsten Single Gracenotes. Die zwei erwähnten Stellen, an denen sich die Rhythmik unterscheidet, haben wir hier bereits farbig markiert. Achte in der 3/4-Notation auf die Tempo-Bezugsnote: ♩ = 60 bpm ⇒ eine (normale) Viertel-Note!

    Amazing Grace 3/4

    Die vier rot markierten Notenläufe sind dabei unterschiedliche Varianten aus vier verschiedenen 3/4 Notensätzen - natürlich pro Notensatz nur eine Variante 😉... Die grün markierten Noten entsprechen dagegen Auftakten zu einzelnen Phrasen.

    In der Compound-Taktart 9/8 würde der gleiche Tune dann so aussehen. Beachte auch die unterschiedliche Referenz-Note der Geschwindigkeits-Angabe oben links: ♩. = 60 bpm ⇒ eine punktierte Viertelnote!

    Amazing Grace 9/8

    Phrasen-Auftakte - Amazing Grace

    Betrachten wir die "Phrasen-Auftakte" mal genauer. Bzgl. der Notenwerte sind all diese Stellen innerhalb einer Taktart gleich. In der 3/4 Notation sind diese als 50/50 Unterteilung notiert - die Notenlängen sind also 50% [1/2] + 50% [1/2] des Beats.

    In der 9/8 Notation wird der Beat dagegen grundsätzlich in drei Teile unterteilt. Mit den dargestellten Notenwerten sind das dann 67% [2/3] + 33% [1/3] des Beats.

    Das relative Verhältnis der Notenlängen - und damit das rhythmische Feeling - ist also deutlich anders. Dieser Effekt wird in den rot markierten Notenläufen sogar noch viel deutlicher und etwas komplexer.

    Notenläufe - Amazing Grace

    Die Stellen mit den Notenläufen könnten wir nun genauso mit Prozent-Angaben der Notenlängen vergleichen, aufgrund der Komplexität wollen wir es aber graphisch darstellen. Hier nochmal die fünf Varianten hintereinander, darunter in einer "Sequencer"- bzw. "Piano-Roll". Ansicht:

    Notenlauf

    Hier sind pro Takt nur 2 Beats dargestellt, für die Audios machen wir als dritten Beat eine Pause dazwischen. Das Raster ist an die jeweilige Taktart angepasst: zwei Rastereinheiten pro Beat im Simple Meter bzw. drei Rastereinheiten pro Takt im Compound Meter. Höre Dir hier gerne auch das Soundfile dazu an:

    Zwischen [1], [2], [3] und [4] erkennst Du bei genauerem Hinsehen und Hinhören unterschiedliche Notenlängen des Notenlaufs "F-E-D-F". [1] und [4] sind sich dabei am ähnlichsten.

    [4] und [5] sind bzgl. der absoluten Notenlängen sogar identisch! Durch die unterschiedlichen Taktarten ist zwar das "Raster" unterschiedlich, das Triplet in [4] gleicht die Notenlängen aber an [5] an.

    Um für diese Notenläufe in der 3/4 Notation also möglichst nahe an den Klang der 9/8 Notation zu kommen, sollte Variante [4] oder [1] verwendet werden. Die "Phrasen-Auftakte" bleiben aber wie oben beschrieben. Höre Dir gerne die Audios der beiden Komplett-Versionen an. Beginnen wir mit der 3/4-Version von Amazing Grace:

    Vergleiche das nun noch mit der 9/8-Version von Amazing Grace (gleiches Spieltempo, gleicher Pitch). Achte dabei besonders auf die eben besprochenen rhythmischen Unterschiede:


    Welche Version gefällt Dir besser bzw. hört sich für Dich stimmiger und flüssiger an?

    Autor: Robert Reibl (08.01.2023)

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